Agile Führung
Agile Führung, was ist das eigentlich? Und was hat eine konfuzianische Weisheit damit zu tun? Das Thema “Agile Arbeitsweisen” ist derzeit in aller Munde und viele Unternehmen setzen inzwischen in ihrem Arbeitsalltag darauf. Neben den Veränderungen in der Arbeitsweise und in der Ausrichtung des Unternehmens ergibt sich aus dem agilen Ansatz auch ein völlig neues Führungsverständnis.
Macht Agilität Führung überflüssig? – Das agile Führungsverständnis
Agile Leadership heißt, dass Führung nach dem Prinzip der Selbstorganisation auf viele Personen verteilt wird. Die klassische Rolle der einen Führungskraft, die alle Management-Aufgaben übernimmt, gibt es dann nicht mehr. Ein häufiges Missverständnis von Agile Leadership ist, dass allgemein weniger geführt wird. Das Gegenteil ist jedoch der Fall. Bei agiler Führung wird in Summe sogar mehr geführt, nur von mehreren Personen. Mit „Führen“ ist hier zielgerichtetes Einflussnehmen gemeint.
Was Konfuzius zum agilen Führungsverständnis beiträgt
„Gib einem Mann einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag. Lehre einen Mann zu fischen und du ernährst ihn für sein Leben“. In dieser alten konfuzianischen Weisheit findet sich ein wichtiges Element agiler Führung, das im klassischen, eher direktiven Führungsverständnis häufig zu kurz kommt: – nämlich die Befähigung und Weiterentwicklung von Mitarbeitenden. Gerade wenn durch agile Arbeitsmethoden die Geschwindigkeit eines Unternehmens erhöht wird und somit die Verantwortung aus Effizienzgründen auf mehrere Schultern verteilt wird, ist es wichtig, seine Führungsrolle neu auszurichten. Eine Möglichkeit, dies zu bewerkstelligen, ist es, die neue Rolle im Team als Servant Leader anzunehmen.
Servant Leadership
Der Begriff Servant Leadership wird oft missverstanden. Die Unterordnung, die in dem englischen Wort für Diener steckt, sollte sich nicht auf die pauschale Unterordnung gegenüber anderen Personen beziehen, sondern auf die Unterordnung gegenüber einem gemeinsamen Ziel. Der Servant Leader ist der Befähiger und Ermächtiger seines Teams. Seine Aufgabe ist es, mit seinen Fähigkeiten und Befugnissen das selbstorganisierte Team weiterzubringen. Das übergeordnete Team-Ziel ist dabei, Kundenerfolge zu erzielen. Das erreicht der Servant Leader, indem er beispielsweise dafür sorgt, dass das Team möglichst wenig durch nicht wertschöpfende Tätigkeiten aufgehalten wird. Diese besonderen Problemlöse-Fähigkeiten des Servant Leaders begründen seine Führungsrolle im Team.
Servant Leadership heißt also nicht, den Mitarbeitenden untergeordnet sein, sondern eine agile Vorbildrolle einzunehmen und dem operativen Team den Rücken freizuhalten. Das bedeutet, das Team wendet sich nach wie vor bei Problemen an den Servant Leader für Input und die Entscheidungsfindung in letzter Instanz.
Für den Servant Leader ist es essenziell wichtig, dass er auch eine Vorbildrolle bezüglich der Werte und Prinzipien des Unternehmens einnimmt. Somit soll für die Geführten eine klare Linie geschaffen werden, an der sie sich orientieren können. Diese agile Atmosphäre ermöglicht es den Teammitgliedern, Vertrauen dahingehend zu fassen, ihr Verhalten und ihr Mindset zu ändern, Fehler zu machen und sich selbst zu führen.
Servant Leadership betrifft Führungskräfte auch auf einer persönlichen Ebene. Es bedeutet z. B. zu lernen, die Bühne zu teilen. Es ist eine große Herausforderung, die gleiche Wirksamkeit aus Servant Leadership zu erfahren, wie manch einer sie aus einer klassischen Führungsrolle gewohnt ist. Das funktioniert besonders gut mit ausgeprägter Selbstsicherheit. Damit ist keine Überheblichkeit gemeint, sondern die Selbstbewusstheit, sein eigenes Tun und Handeln auch kritisch zu hinterfragen und sich gleichzeitig seiner eigenen Stärken bewusst zu sein.
Abbildung 2: Servant Leader teilen die Bühne mit den Mitarbeitenden
Upward Leadership
Oft sind Vorgesetzte unnahbare Personen, die unbeirrt ihren Weg beschreiten und ihre klare Linie durchsetzen. Man unterschätzt dabei, welchen Einfluss das Umfeld, so auch die hierarchisch untergeordneten Mitarbeitenden, auf die Entwicklung der Vorgesetzten nehmen können. Upward Leadership ist genau das. Wörtlich übersetzt bedeutet es, dass von unten nach oben geführt wird.
Somit übernehmen die Führenden eine Mit-Verantwortung für die Fehler, Erfolge und Entwicklungsprozesse des Vorgesetzten und des Teams. Beim Führen einer hierarchisch übergeordneten Person geht es dabei nicht nur um konstruktive Kritik und Feedback. Es ist wichtig, die andere Person auch als Mensch mit Emotionen und Bedürfnissen wahrzunehmen und sie auch für ihre Leistung hörbar wertzuschätzen und zu loben.
Upward Leadership ist wichtig, auch weil es sonst an der Spitze einsam wird. Wenn eine Führungskraft zu wenig Entwicklungsimpulse bekommt, während sich die Leute im Team weiterentwickeln, besteht die Gefahr, dass die Führungskraft zum Flaschenhals wird und vielleicht sogar unbewusst versucht, andere klein zu halten. In so einer Dynamik verlieren alle.
Somit sollte eine agile Führungskraft Upward Leadership nicht nur einfordern, sondern auch incentivieren. Ein wichtiger Teil davon ist, Emotionen und somit Verletzlichkeit offen zu zeigen. Dafür braucht die Führungskraft eine gesunde Selbstsicherheit. Kritisches Feedback wird so als Lernchance und nicht als persönlicher Affront begriffen.
Durch diese Offenheit profitiert die Führungskraft in zweierlei Hinsicht. Zum einen erhält sie durch das kontinuierliche Feedback Lernimpulse, zum anderen wird ihr somit indirekt auch ein Stimmungsbild der Menschen um sie herum vermittelt. So entstehen eine beidseitige tiefe Wertschätzung und eine effiziente Lernkultur. von der alle Parteien profitieren.
Agile Führung – Kontrolle ist gut, Verantwortungsübertragung besser
Viele Führungskräfte fühlen sich verantwortlich für die Arbeitsergebnisse ihres Teams und das ist gut so. Oft fällt es ihnen dadurch aber schwer, die Verantwortung an das Team abzugeben und sie verlieren sich in Micro-Management. Auf Dauer werden sie dadurch überlastet, halten ihr Team auf und behindern das Lernpotenzial ihrer Mitarbeitenden.
Verantwortung übergeben und somit „Loslassen“ wird hier häufig falsch verstanden. Es ist nicht gleichbedeutend mit „Laissez-faire“. Vielmehr bedeutet es, das Team nicht zu dominieren, sondern die bereits vorhandenen Potenziale der Personen zum Vorteil aller zu nutzen und die Verantwortung sinnvoll zu übergeben. Dies lohnt sich besonders bei komplexer Problemlösungsaufgaben. Mit der gebündelten Kreativität im agilen Team werden Synergien geschaffen.
Die Kontrolle darüber, wie das Ziel genau erreicht wird, gibt die Führungskraft in agilen Arbeitsprozessen größtenteils ans Team ab. Besonders zu Beginn ist das ungewohnt. Hierbei helfen zwei Werte des agilen Mindsets: Vertrauen und Transparenz. Denn Kontrolle abzugeben verlangt auch, in die Kompetenz und Verantwortungsübernahme der Teammitglieder zu vertrauen. Regelmäßige Iterationsschleifen helfen dabei, das Vertrauen in die Qualität der Arbeitsergebnisse zu stärken. Idealerweise gibt die Führungskraft dabei Input zum Ziel und nicht zur Art, wie dieses erreicht wird, und bespricht die nächsten Schritte.
Wenn die Mitarbeitenden ihren Arbeitsfortschritt, Erfolg und Unterstützungsbedarf transparent kommunizieren, kann die Führungskraft die Kontrolle schrittweise abgeben, denn sie weiß ja, wo das Team steht und an welchen Stellen es noch Support benötigt. Das gibt ihr den Raum, sich auf ihre wichtigen Führungsaufgaben zu konzentrieren.
Wie agile Führung zum Erfolg verhilft
Abschließend lässt sich also sagen, dass eine erfolgreiche agile Transformation stets auch ein Umdenken im Führungsverständnis erfordert. Agile Leadership ist ein neues Verständnis von Führung, das erst erlernt werden muss. Die gemeinsame Aufgabe im Team von Verantwortungsabgabe und Verantwortungsübernahme ist anspruchsvoll und braucht Zeit.
Bei Agile Leadership geht es darum, langfristig und nachhaltig zu führen. Es kann unter Umständen einige Zeit dauern, bis die neuen Arbeitsweisen etabliert sind und sich alle in ihren Rollen eingefunden haben. Sich dafür Zeit zu nehmen und im ständigen Dialog schrittweise und geduldig voranzuschreiten ist hierbei sinnvoll und zielführend.
Abbildung 3: Die ChApp vermittelt Wissen rund um das Thema Agile Führung und unterstützt nachhaltige Veränderungen
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